Nach welchem Prinzip wird der Bundestag gewählt?
Mit der Erststimme bestimmen Wähler/-innen, welcher Direktkandidat einen bestimmten Wahlkreis im Bundestag vertritt – einfacher gesagt, wer für sie nach Berlin geht. Dabei gilt das Prinzip: Wer die meisten Erststimmen in einem der 299 Wahlkreise erhalten hat, zieht in den Bundestag ein (relative Mehrheitswahl).
Ihre Zweitstimme geben Wähler/-innen für die Landesliste einer Partei ab. Wenn beispielsweise Partei A bundesweit 20 Prozent der Zweitstimmen erhalten hat, stehen ihr 20 Prozent der Sitze im Bundestag zu.Momentan besteht der Bundestag aus (mindestens) 598 Abgeordneten. Davon werden 299 direkt in den Wahlkreisen gewählt. Die übrigen 299 werden über die Landeslisten der Parteien gewählt. Entscheidend für die Zusammensetzung des Bundestages sind jedoch die Zweitstimmen-Anteile der einzelnen Parteien.
Was ist wichtiger: die Erst- oder die Zweitstimme?
Was sind Überhangmandate?
Was bedeutet die Fünf-Prozent-Klausel („Sperrklausel“)?
Die Fünf-Prozent-Klausel bedeutet, dass nur Parteien in den Bundestag einziehen, die bundesweit mindestens fünf Prozent aller Zweitstimmen erhalten haben. Das Ziel der Regelung ist es, dass nicht allzu viele kleine Parteien in den Bundestag einziehen. Das würde die Bildung einer Regierungskoalition erschweren.Kritisiert wird die Fünf-Prozent-Klausel (oder Sperrklausel), weil die Stimmen, die für kleinere Parteien abgegeben werden, dadurch nicht gezählt werden. Bei der Bundestagswahl 2013 wählten zum Beispiel rund 2,1 Millionen Wähler/-innen mit ihrer Zweitstimme die FDP (4,8 Prozent), rund 2,1 Millionen Wähler/-innen die AfD (4,7 Prozent) und knapp eine Million Wähler/-innen die Piraten (2,2 Prozent). Weil all diese (und viele andere) Parteien unter der Fünf-Prozent-Hürde blieben, hatten deren Wähler/-innen keinen Einfluss auf die Zusammensetzung des Bundestages. Insgesamt betraf das knapp 16 Prozent der abgegebenen Stimmen.
Welche Grundsätze gelten für die Bundestagswahl?
Die Wahl ist allgemein
Deutsche Staatsbürger/-innen besitzen das Wahlrecht „unabhängig von Konfession, Bildung, Geschlecht, Sprache, Einkommen, Beruf oder politischer Überzeugung“ (Karl-Rudolf Korte: Wahlrechtsgrundsätze). Das scheint heute selbstverständlich – war aber nicht immer so. Frauen waren beispielsweise bis 1919 von den Reichstagswahlen ausgeschlossen.
Die Wahl ist unmittelbar
Die Wahlberechtigten wählen die Bundestagsabgeordneten direkt, ohne dass beispielsweise Wahlfrauen oder -männer dazwischengeschaltet sind (wie es zum Beispiel bei den Präsidentschaftswahlen in den USA der Fall ist).
Die Wahl ist frei
Niemand darf auf Wähler/-innen Druck ausüben, damit sie eine bestimmte Person oder Partei wählen oder nicht wählen. Niemand darf gezwungen werden, den Wahlen fernzubleiben – es darf aber auch niemand zum Wählen gezwungen werden.
Die Wahl ist gleich
Jede abgegebene Stimme zählt gleich viel. Ob jemand arbeitslos ist oder Millionen verdient, ob er oder sie Ahnung von Politik hat oder nicht, hat keine Auswirkung auf die Stimme.
Das war in Deutschland nicht immer so. In Preußen galt beispielsweise das Dreiklassenwahlrecht: Je mehr Steuern ein Wahlberechtigter zahlte, desto mehr zählte seine Stimme.
Der Grundsatz bedeutet aber auch, dass Wahlkreise etwa gleich groß sein müssen. Denn jeder Wahlkreis schickt durch sein Direktmandat jemanden nach Berlin. Wenn in einem kleinen Wahlkreis darüber nur wenige Personen abstimmen, würden ihre Stimmen verglichen mit anderen mehr zählen.
Die Wahl ist geheim
Es muss garantiert werden, dass niemand erkennen oder kontrollieren kann, wie jemand abgestimmt hat. Dazu dient beispielsweise die Wahlkabine und die Abstimmung durch einen Wahlzettel (keine mündliche Abstimmung).
Ob Wähler/-innen ihre Wahlentscheidung selbst öffentlich machen dürfen, ist umstritten. Die Diskussion, ob Selfies und Videos aus der Wahlkabine, auf denen man die Wahlentscheidung erkennen kann, verboten werden sollen, wurde durch eine Änderung der Bundeswahlordung am 23. März 2017 nun geregelt. „Durch die Änderung soll das Wahlgeheimnis und der Schutz der Wahl vor unrechtmäßiger Einflussnahme auf die Wahlentscheidung durch Dritte gestärkt werden: das Fotografieren und Filmen in der Wahlkabine ist ausdrücklich verboten (§ 56 Absatz 2 Satz 1). Bei Verstoß hat der Wahlvorstand den Wähler oder die Wählerin gemäß § 56 Absatz 6 Satz 1 Nr. 5a zurückzuweisen.“ (Quelle: Bundeswahlleiter)
Quellen
- Änderung der Bundeswahlordung
(letzte Änderung der Bundeswahlordnung vom 24. März 2017) - Karl-Rudolf Korte: Wahlrechtsgrundsätze (auf bpb.de)
- Deutsches Historisches Museum: Das Preußische Dreiklassenwahlrecht
- FAZ: Regierung will Smartphones in Wahlkabinen verbieten
- Das Wahlsystem